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Frieden mit Gott finden

Spurgeons Bekehrung, von ihm selbst erzählt

„Mein Herz war Brachland und mit Unkraut bedeckt. Aber eines Tages kam der große Bräutigam und begann meine Seele zu pflügen. Er kam mit zehn schwarzen Pferden; er benutzte eine scharfe Pflugschar und zog tiefe Furchen. Die schwarzen Pferde waren die zehn Gebote, und es war die Gerechtigkeit Gottes, die mein Gewissen wie eine Pflugschar aufriss.

Das Evangelium mit seinen Verheißungen konnte ich noch nicht fassen. Es blickte mich finster an. Nur eine Hoffnung hatte ich, eine einzige, einen Zufluchtsort in meiner Not: Jesus! Jesus! Jesus! Er allein war der Bergungsort im Sturm. Ich erinnere mich noch an mein erstes ernsthaftes Gebet. Ich sah mich vor Gott stehen in seiner unmittelbaren Gegenwart und ich sprach zu mir selbst: „Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen, aber nun hat mein Auge dich gesehen. Daher spreche ich mich schuldig und tue Buße in Staub und Asche.“ (Hiob 42,5-6) Ich war voller Reue, und mir kamen die Worte über meine Lippen: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Meine Knochen wurden krank durch mein tägliches Seufzen. Die Hand Gottes lag Tag und Nacht auf mir. Meine Trauer war übervoll. Während der vielen Monate, die ich in diesem Zustand durchlebte, las ich immer wieder die Bibel. Besonders bedrückte es mich, wenn mir das Gesetz seinen Spiegel vorhielt.

Wenn das Gesetz sagte: „Du sollst nicht ehebrechen!“, und ich antwortete: „Ich habe noch nie die Ehe gebrochen“, antwortete das Gesetz mit Jesu Worten: „Wer eine Frau ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon in seinem Herzen die Ehe gebrochen.“ So ging es mir mit allen Geboten.

Wenn das Gesetz sagte: „Du sollst nicht stehlen!“, und ich antwortete: „Nun, ich habe noch nie gestohlen“, dann entdeckte ich, dass selbst das Verlangen nach dem, was nicht mein Eigentum war, Sünde ist. Die geistige Natur des Gesetzes verblüffte mich. Während der vielen Monate, die ich in diesem Zustand lebte, las ich immer und immer wieder die Bibel. Aber ich fand keinen Trost, weil selbst meine allerbesten Taten sündig waren.

Ich weinte und wusste, dass ich Vergebung von Gott für mein schändliches Tun nötig hatte. Dann aber nahm mich der Heilige Geist bei der Hand und führte mich zu einem einzigartigen Ort. Als ich dort stand, erschien vor mir plötzlich Jesus am Kreuz. Ich blickte auf und sah seine Augen voller Tränen. Ich sah sein Blut fließen, ich sah, wie seine Feinde ihn in den Tod stießen, ich sah sein unaussprechliches Elend, ich hörte sein Stöhnen, das niemand beschreiben kann. Und als ich zu ihm aufblickte, öffnete er seine Augen und sagte zu mir: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, um zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ Und doch konnte ich diese Wahrheit nicht fassen. Ich fürchtete, Gott würde mich wegen meiner Sünde in seinem heißen Zorn verbrennen. Ich war verzweifelt. Aber dann war es dieser Satz, der mich vor dem Selbstmord bewahrte: „Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll errettet werden.“ So lernte ich beten: „O Gott, ich berufe mich auf dein Versprechen. Ich öffne mein Herz zum Gebet. Kannst du gerecht sein und den Sünder verdammen, der dich wirklich bei deinem Namen ruft?“

Und dann kam ein Tag, ein bemerkenswerter Tag, der sich für immer in mein Gedächtnis eingraben wird. Ich sah meinen Freund, Jesus Christus, am Kreuz hängen. Ich bückte mich in traurigem Entsetzen nieder und schaute ihn an. Ich sah, dass seine Hände mit großen, eisernen Nägeln durchbohrt waren, auch seine Füße. Auf seinem toten Antlitz stand das Elend, so schrecklich, dass ich kaum wagte ihn anzuschauen. Sein Körper war ausgemergelt, sein Rücken rot von blutigen Striemen, sein Haupt hatte rundherum Wunden, die Dornenkrone hatte sich tief eingedrückt. Ich erschauderte, denn ich begriff, ich war mitschuldig, dass Jesus an das Fluchholz genagelt worden war.

So machte ich mich auf die Suche nach dem Evangelium, und es war das gepredigte Wort, was mich rettete. Vielleicht würde ich heute noch in Dunkelheit und Verzweiflung leben, hätte Gott in seiner Güte damals nicht einen Schneesturm gesandt, der mich auf dem Weg zum Sonntagsgottesdienst überraschte. Ich suchte in einer Kapelle der Methodisten Zuflucht. Darin saßen ungefähr 15 bis 20 Menschen. Ich hatte von den Methodisten gehört, sie würden so laut singen, dass man Kopfschmerzen davon bekäme. Aber das störte mich nicht. Ich wollte wissen, wie ich gerettet werden könne, und wenn sie mir das sagen konnten, dann waren mir die Kopfschmerzen egal. An diesem Morgen kam der Prediger nicht. Vermutlich war er eingeschneit. Schließlich stand ein sehr schlanker Mann auf und ging nach vorne auf die Kanzel, um zu predigen.

Dieser Mann war sehr schlicht und einfältig. Sein Predigttext lautete: „Schaut auf mich, und ihr werdet gerettet werden, all ihr Enden der Erden!“ Und dann predigte er:

„Meine lieben Freunde! Dies ist in der Tat ein sehr einfacher Text. Er sagt: Schaut! Nun ist Schauen nicht allzu schmerzhaft und anstrengend. Du musst nicht einmal deinen Finger oder deinen Fuß dafür heben. Nur schauen! Nun, ein Mensch muss nicht zur Universität gehen, um sehen zu lernen. Du kannst der größte Trottel sein, und trotzdem kannst du sehen. Ein Mensch muss nicht Tausende im Jahr verdienen, um sehen zu können. Jeder kann sehen, sogar ein Kind kann sehen. Aber dann sagt der Text: Schaut auf mich! Nun, viele von euch schauen auf sich selbst, aber das hat keinen Sinn. Ihr findet keinen Trost in euch selbst. Ich sage euch: Schaut auf Christus! Jesus sagte: Schaut auf mich! Schaut auf mich, ich hänge am Kreuz! Schaut auf mich, ich bin tot und bin begraben worden! Schaut auf mich, ich bin wieder auferstanden! Schaut auf mich, ich bin gen Himmel gefahren! O Sünder, schau auf mich! Schau auf mich!”

Zehn Minuten lang predigte er auf diese Weise. Dann sah er mich auf der Empore sitzen. Er richtete seine Augen auf mich, als würde er mein ganzes Herz kennen. Dann sagte er: “Junger Mann, sie werden immer elend sein, elend im Leben und elend im Tode, wenn sie diesem Vers nicht gehorchen. Aber wenn sie jetzt in diesem Augenblick gehorsam werden, dann werden sie gerettet.“ Dann rief er mit erhobenen Händen: „Junger Mann, schau auf Jesus Christus! Du musst nichts tun, als nur schauen. Dann wirst du leben.”

Plötzlich erkannte ich den Weg der Erlösung. Ich hatte erwartet, fünfzig Dinge tun zu müssen, aber als ich dieses Wort „schau“ hörte, kam es mir vor wie das schönste Wort der Welt. Ach, ich hätte mir die Augen aus dem Kopf schauen können. Die Dunkelheit wich, der Schleier fiel mir von den Augen, ich sah die Sonne.

Meine Ohren haben gehört, mein Herz hat erlebt, Christus ist der eingeborene Sohn des Vaters. Er ist Gott, denn er tat für mich, was nur Gott tun kann. Er besiegte meinen störrischen Willen, er schmolz mein steinernes Herz, er brach die stählernen Ketten, er öffnete die Gefängnistore und eisernen Riegel, er hat mein Weinen in Lachen verwandelt und meine Verzweiflung in Freude. Er hat meine Gefangenschaft beendet und erfüllt mein Herz mit unbändiger Freude. Gesegnet sei sein heiliger Name! Ich war 15 Jahre alt und wusste: Mein Geliebter ist mein.“

Charles Haddon Spurgeon (1834-1892) war englischer Baptistenpastor. Er gilt als einer der bekanntesten Prediger des 19. Jahrhunderts. Quelle: Lotte Bormuth, Spurgeon…und er predigte in Vollmacht, Verlag der Francke-Buchhandlung, Marburg, 2003, S. 19-22.

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